„Wir sind agil?!“
Agiles Selbstmanagement bedeutet nicht Chaos. Es ist eine Antwort auf Chaos. „Wir sind agil“ – wenn ich das höre, ist es oft eine höfliche Umschreibung dafür, dass alle nur noch im Feuerwehrmodus von einer Krise zur nächsten springen und auf plötzliche Anforderungen aus allen Richtungen reagieren. Dadurch wird „agil“ zum Synonym für Chaos.
Doch eigentlich ist Agilität genau das Gegenteil: Es ist eine Verhaltens-, Denk- und Arbeitsweise, die es erlaubt, mit Chaos umzugehen, anstatt sich davon beherrschen zu lassen.
Das agile Manifest
Im Jahr 2001 wurde dafür von einer Gruppe Softwareentwickler das Agile Manifest verfasst. Sie wollten eine effizientere, flexiblere Arbeitsweise definieren. Das agile Manifest basiert auf vier zentralen Werten:
- Individuen und Interaktionen über Prozesse und Werkzeuge
- Funktionierende Lösungen über umfassende Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden über Vertragsverhandlungen
- Reagieren auf Veränderung über das Befolgen eines Plans
Agilität ermöglicht es, sich schnell auf Veränderungen einzustellen und iterativ zu arbeiten, anstatt starr an einem ursprünglichen Plan festzuhalten. Wozu das wichtig ist? Inzwischen gibt es so viele Bereiche, in denen nicht oder noch nicht klar ist, wie etwas funktionieren wird, dass die meisten Pläne schneller überflüssig sind, als Du „Piep“ sagen kannst.
Wozu braucht es agiles Selbstmanagement?
Längst ist das nicht mehr nur in der Software-Entwicklung notwendig, sondern überall, wo Menschen gemeinsam Aufgaben lösen oder sich an Veränderungen anpassen.
Gelassen bleiben, obwohl sich ständig etwas ändert, ständig gleichzeitig irgendwelche Anforderungen kommen, das Handy blinkt und Emails ins Postfach flattern, eh schon viel zu tun ist und womöglich die Familie auch mal wieder Aufmerksamkeit bräuchte – das ist die Kunst.
Eine Methode, die die Denkweise des agilen Manifests auf individueller Ebene widerspiegelt, ist das Bullet Journal. Die Bullet Journal Methode macht aus jedem X-beliebigen Notizbuch eine Art Framework für agiles Selbstmanagement – ähnlich wie agile Methoden für Teams. In diesem Artikel zeige ich Dir, wie das Agile Manifest und das Bullet Journal in ihrem Kern dasselbe Ziel verfolgen: Struktur schaffen, um flexibel zu sein. Ziele erreichen, auch wenn das Ziel selbst sich ständig anpassen wird.
Lass uns die vier zentralen Werte mal unter die Lupe nehmen:
1. Individuen und Interaktionen über Prozesse und Werkzeuge im agilen Selbstmanagement
Agiles Manifest: Werkzeuge sind nur so gut, wie sie Teams dabei unterstützen, effizient und kreativ zu arbeiten. Deshalb bedeutet „agil“, Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, nicht starre Prozesse.
Bullet Journal: Das System ist radikal individualisiert. Jeder Nutzer entscheidet selbst, welche Elemente er verwendet und wie er sie strukturiert. Es ist ein Framework, kein starres System – es funktioniert durch Reflexion, Anpassung und Nutzenorientierung. Das Bullet Journal folgt Deiner Intention.
Das Bullet Journal lebt davon, dass es den Nutzer unterstützt, nicht einschränkt. Agile Methoden tun das Gleiche: Sie stellen den Menschen über den Prozess und fördern und erfordern agiles Selbstmanagement.
2. Funktionierende Lösungen über umfassende Dokumentation im agilen Selbstmanagement
Agiles Manifest: Die Perfekte Dokumentation bringt nichts, wenn das Produkt nicht funktioniert. Stattdessen wird iterativ gearbeitet, also Schritt für Schritt: Es wird entwickelt, was heute nutzen verspricht und gebraucht wird. Die Dokumentation ist zweitrangig.
Bullet Journal: Das Bullet Journal ist pragmatisch. Es geht nicht darum, schöne oder schnörkelige Notizen zu führen, sondern produktiv zu sein und Deine Intention zu unterstützen. Was nicht hilft, wird gestrichen. Klar, wenn Dir Handlettering hilft – mach das. Mein Bullet Journal ist eher geradlinig. Die Methode soll für Dich im Alltag funktionieren, nicht in der Theorie. Es geht auch nicht darum, erst lückenlose Pläne und hinterher eine umfassende Mitschrift zu erstellen, sondern Schritt für Schritt das zu tun, das Dich Deinem Ziel näher bringt. Nicht mehr und nicht weniger.
Agiles Selbstmanagement bedeutet, das zu nutzen, was funktioniert – sei es eine Softwareversion oder eine persönliche Organisations-, Reflektions- oder Planungstechnik.
3. Zusammenarbeit über Verträge – ein Schlüsselprinzip des agilen Selbstmanagements
Agiles Manifest: Agile Teams arbeiten eng mit Kunden zusammen, anstatt auf Verträge zu pochen. Kommunikation ist entscheidender als starre Spezifikationen.
Bullet Journal: Der wichtigste Punkt am Bullet Journal – es lehrt Dich, Dir selbst eine Stütze und Dein eigener Kunde zu sein. Es geht um achtsame Produktivität die zu Dir und Deinen Zielen, Deiner Intention passt. Statt einem starren, theoretischen System zu folgen, wird die Struktur und die Praxis Deines Journal regelmäßig reflektiert und verbessert. Das Kernprinzip ist der „Intentional Cycle“, ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der Dich Deinen Zielen näher bringt. Schritt für Schritt. Das Bullet Journal unterstützt Dich dabei, indem Du fortlaufend an Deinen Zielen, Deinen Absichten, Deinem Denken und Deinem Tun arbeitest.
Agile Methoden und das Bullet Journal basieren beide darauf, nicht an starren Plänen festzuhalten, sondern durch kontinuierliche Anpassung die beste Lösung zu finden – ein essenzieller Bestandteil von agilem Selbstmanagement.
4. Reagieren auf Veränderung statt Festhalten an einem Plan im agilen Selbstmanagement
Agiles Manifest: Agil bedeutet, dass Pläne veränderbar bleiben. Anpassung ist wichtiger als eine ursprüngliche Planung.
Bullet Journal: Das Bullet Journal lebt genau davon. Aufgaben werden täglich, wöchentlich oder monatlich migriert, Ziele und Intentionen werden hinterfragt und angepasst.
Verbindung: Beide Methoden helfen, flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren, ohne dabei im Chaos zu versinken – genau das macht agiles Selbstmanagement aus.
Vom „agil Fühlen“ zum agilen Denken und Handeln – Wie agiles Selbstmanagement das Leben leichter macht
Das Bullet Journal als agiles Selbstmanagement ist Dein persönliches System, um mit Chaos umzugehen und Deinen Alltag bewusster zu steuern. Genauso wie agile Methoden helfen, Projekte flexibel und effizient zu managen, ermöglicht das Bullet Journal einen strukturierten, und gleichzeitig anpassbaren Weg, um persönliche Produktivität zu steigern und den Überblick zu behalten.
Agil sein bedeutet also nicht, sich vom Chaos überwältigen zu lassen. Es geht darum, von einem reinen „agil Fühlen“ – dem Gefühl, ständig nur auf Anforderungen zu reagieren – zu einem bewussten „agilen Denken und Handeln“ zu wechseln. Wer agil denkt und handelt, schafft Strukturen, die flexibel bleiben und Orientierung bieten, anstatt sich im ständigen Krisenmodus zu verlieren. Agiles Selbstmanagement hilft dabei, den Alltag besser zu organisieren und langfristig weniger Stress zu erleben – und genau das macht das Leben leichter.
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Hier findest Du weitere Zeit- und Selbstmanagement-Methoden im Überblick
Hier findest Du das Buch zur Bullet-Journal-Methode von Ryder Carroll (der hat´s erfunden).